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Bessere Hilfe und Unterstützung für Opfer von Gewalt – Barbara Hackenschmidt informiert

Barbara Hackenschmidt (MdL)

 

Von der Kriegsopferversorgung zum modernen Recht für Opfer von Gewalt: Mehr Menschen bekommen schnell und unbürokratisch Hilfe.
 Wir erhöhen die Entschädigungszahlungen für Geschädigte und Hinterbliebene.
 Wir helfen Opfern, zurück ins Leben zu kommen – auch Opfern psychischer Gewalt.
 Einzelne Leistungsverbesserungen treten auch schon rückwirkend in Kraft, z.B. die Erhöhung der monatlichen Zahlungen an Waisen.

SGB XIV – Das neue Soziale Entschädigungsrecht (SER)

Die Soziale Entschädigung unterstützt Menschen, die durch eine Gewalttat oder die Auswirkungen der beiden Weltkriege eine gesundheitliche Schädigung erlitten haben. Denn dafür trägt die staatliche Gemeinschaft eine besondere Verantwortung.
Die Versorgung für Opfer beider Weltkriege sowie ihrer Angehörigen und Hinterbliebenen wurde 1950 mit dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) geregelt. Seit 1976 bildet das BVG die Grundlage für Leistungen nach dem Opferentschädigungsgesetz (OEG). Das bisherige Entschädigungsrecht orientiert sich somit noch immer an der Kriegsopferversorgung. Die Zahl der überwiegend hoch betagten Kriegsopfer und ihrer Hinterbliebenen geht zurück, die individuellen Bedarfe der Opfer von Gewalttaten werden bisher aber nur unzureichend berücksichtigt. Es ist jedoch Aufgabe des Staates, auch für sie gute Leistungen zu erbringen.
Das macht das neue Soziale Entschädigungsrecht: Wir passen die staatlichen Hilfesysteme an heutige Gegebenheiten und die Leistungen besser an die Bedürfnisse der Opfer von Gewalttaten an. Das bisherige hoch komplexe Recht des BVG, des OEG und weiterer Regelungen wird durch ein transparentes und klar strukturiertes SER ersetzt und in einem neuen Vierzehnten Buch des Sozialgesetzbuchs (SGB XIV) gebündelt. Im SGB XIV werden vier Entschädigungstatbestände geregelt: Gewalttaten, nachträgliche Kriegsauswirkungen beider Weltkriege, Ereignisse im Zusammenhang mit der Ableistung des Zivildienstes (ZDG) sowie Impfschäden nach dem Infektionsschutzgesetz (IfSG). Die Zuständigkeit für das ZDG liegt beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, die Zuständigkeit für das IfSG beim Bundesministerium für Gesundheit.
Es sollen alle Hilfen bereitgestellt werden, die Opfer von Gewalttaten benötigen, um so schnell wie möglich die Folgen der Gewalttat zu bewältigen und wieder in ihrem Alltag zurechtzukommen. Deshalb werden Entschädigungszahlungen erhöht und durch Leistungen zur Teilhabe ergänzt.

Die Reform des SER bringt viele Verbesserungen:
1. Unterstützung für mehr Menschen:
 Formen psychischer Gewalt zählen künftig auch zu den Gewalttaten, für die Unterstützung in Anspruch genommen werden kann
 Gleichbehandlung der Opfer von Gewalttaten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und ihrem Aufenthaltsstatus
2. Neue Schnelle Hilfen:
 flächendeckend wird Soforthilfe in Traumaambulanzen bereitgestellt
 damit ein Antrag reicht, bietet ein Fallmanagement Unterstützung und Begleitung
3. Wesentlich höhere, anrechnungsfreie monatliche Entschädigungsleistungen oder die Wahl von Einmalzahlungen als Abfindungen
4. Teilhabeleistungen grundsätzlich ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen
5. Mehr Transparenz und Rechtsklarheit

Mehr Menschen bekommen Hilfe

Mit der SER-Reform wird der Kreis der Berechtigten in der Sozialen Entschädigung erweitert:
 Opfer von psychischer Gewalt (z. B. Opfer von schwerem Stalking und von Menschenhandel) erhalten erstmals einen gesetzlichen Entschädigungsanspruch.
 Schockschadensopfer, also Menschen, die nicht direkte Opfer, aber vom Miterleben der Tat beeinträchtigt sind, haben künftig gesetzlich Anspruch auf Leistungen – und zwar unabhängig davon, ob sie dem Opfer emotional nahe stehen oder nicht.
 Alle Opfer von Gewalttaten in Deutschland, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit und vom Aufenthaltsstatus, werden gleichbehandelt.

Wir setzen früher an: Schnelle Hilfen

Nach einer Gewalttat ist schnelle Unterstützung gefragt. Mit dem neuen SER werden Leistungen in Traumaambulanzen gesetzlich garantiert und flächendeckend Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen zugänglich gemacht – dank eines erleichterten Verfahrens niedrigschwellig und unbürokratisch. Bisher gibt es Traumaambulanzen nicht in allen Bundesländern. Angehörige, Hinterbliebene, Nahestehende und Zeugen einer Gewalttat können sich ebenfalls an Traumaambulanzen wenden. Diese stehen auch dann offen, wenn erst Jahre oder Jahrzehnte nach der Tat akute Symptome auftreten (z. B. bei Menschen, die in ihrer Kindheit sexuell missbraucht worden sind). Die Traumaambulanz teilt der Verwaltungsbehörde frühzeitig mit, wenn psychotherapeutische Anschlussbehandlung nötig ist.
Das neue Fallmanagement in den zuständigen Ämtern der Bundesländer unterstützt die Betroffenen im Antragsverfahren und erleichtert ihnen den Zugang zu anderen Sozialleistungen. Den Gewaltopfern werden persönliche Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner für alle Fragen zum SER zur Seite gestellt, die sie beraten und informieren.

Höhere Entschädigungsleistungen für Geschädigte und Hinterbliebene

Künftig werden die Geldleistungen (Entschädigungszahlungen und Berufsschadensausgleich) so gebündelt, dass sie zwei mal monatlich überwiesen werden − auch das macht das neue Recht einfacher und verständlicher.
Entschädigungszahlungen an Geschädigte und Hinterbliebene werden deutlich erhöht und anrechnungsfrei erbracht. Sie hängen in ihrer Höhe vom Grad der Schädigungsfolgen (GdS) ab und werden monatlich gezahlt. Alternativ können Geschädigte und Hinterbliebene (außer bei einem GdS von 100 und Waisen) Abfindungszahlungen für jeweils 5 Jahre wählen. Bei Geschädigten mit schwersten Schädigungsfolgen erhöht sich die monatliche Entschädigungszahlung nochmals.
Witwen und Witwer erhalten neben der monatlichen Entschädigungszahlung einen Kinderzuschlag für im Haushalt lebende minderjährige Kinder. Darüber hinaus erhalten Witwen und Witwer auch Leistungen bei nicht-schädigungsbedingtem Tod des Geschädigten.
Berufsschadensausgleich wird wie bislang geleistet. Dabei wird das derzeitige Einkommen einem fiktiven Vergleichseinkommen gegenüber gestellt, welches ohne die Schädigung hätte erreicht werden können. Ausgezahlt wird dann der Netto-Unterschiedsbetrag.
Auch nach dem neuen SER ist ein Ausgleich in Härtefällen möglich. Zudem soll es bei der Übernahme von Kosten der Bestattung und von Überführungskosten weitere Leistungsverbesserungen geben.

Wir helfen, zurück ins Leben zu kommen

Auch nach einem einschneidenden Erlebnis wie einer Gewalttat sollen Menschen so schnell wie möglich wieder am beruflichen und gesellschaftlichen Geschehen teilnehmen und ihr Leben selbstbestimmt führen können. Geschädigte Menschen erhalten dazu Leistungen zur Teilhabe, etwa zur Teilhabe am Arbeitsleben, an Bildung sowie Leistungen zur Sozialen Teilhabe. Die Leistungen werden grundsätzlich ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen erbracht.

Verbesserungen für Opfer sexueller Gewalt

Für Opfer sexualisierter Gewalt wird es im neuen SER ebenfalls Verbesserungen geben. So
sollen gesetzlich verpflichtend bundesweit Traumaambulanzen eingerichtet werden, zu denen der Zugang niedrigschwellig ausgestaltet ist. Außerdem wird es künftig eine Regelung zur Beweiserleichterung geben, die insbesondere Opfern sexueller oder psychischer Gewalt zugutekommt. Für sie ist es nicht immer einfach nachzuweisen, dass die gesundheitlichen Schädigungsfolgen auf eine oft schon Jahre zurückliegende Schädigung zurückzuführen sind.

Wenn bei psychischen Gesundheitsstörungen nach den Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft geeignete Anknüpfungspunkte dafür sprechen, dass zwischen erlittener Tat, gesundheitlicher Schädigung und Schädigungsfolgen ein ursächlicher Zusammenhang besteht (Prinzip der doppelten Kausalität), sind Ansprüche nach dem SER möglich. Wir stellen damit klar: Die Kausalität wird vermutet, wenn bei psychischen Gesundheitsstörungen (insbesondere Gesundheitsstörungen aufgrund erlittener sexueller Gewalt) Tatsachen vorliegen, die geeignet sind, einen Ursachenzusammenhang zu begründen und dies nicht durch einen anderen Kausalverlauf widerlegt wird.
Des Weiteren erhalten künftig auch Opfer sexueller Gewalt Leistungen, die nicht durch eine körperliche, sondern durch eine psychische Gewalttat geschädigt wurden. Gleiches gilt für
Personen, die durch die Herstellung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung von Kinderpornografie geschädigt wurden. Ferner wurde klargestellt, dass Betroffene nur insofern zur Aufklärung des Sachverhalts beizutragen haben, als dies ihnen zumutbar ist. Unzumutbarkeit kommt beispielsweise bei Minderjährigen oder bei einer verwandtschaftlichen, ehelichen oder eheähnlichen Beziehung zum Täter oder zur Täterin in Betracht.
Parallel zur SER-Reform ist beabsichtigt, die Arbeit des Fonds für Opfer sexuellen Missbrauchs in der Zuständigkeit des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend fortzusetzen. Auch dies bedeutet für Betroffene weitere Verbesserungen.

Inkrafttreten

Damit die Bundesländer die nötige Zeit haben, die erforderlichen Vorkehrungen zur Durchführung des neuen Rechts in der Verwaltung, in der IT und in der Aus- bzw. Fortbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu treffen, tritt das neue SER zum 1. Januar 2024 in Kraft.
Bestimmte Leistungsverbesserungen wird es schon rückwirkend ab Juli 2018 geben:
 die Erhöhung der monatlichen Zahlungen an Waisen,
 die Gleichbehandlung aller Gewaltopfer, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit,
 die Erhöhung der Kosten der Bestattung und
 die Verbesserungen bei der Übernahme von Überführungskosten.

 



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